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Ausbildung des Pferdes Teil II - 3 Dressurliche Grundausbildung

Dressurliche Grundausbildung für Pferde und Ponys

  1. Anreiten
  2. Erstmals ins Gelände
  3. Dressurausbildung
  4. An den Zügel

Über die sogenannte natürliche Ausbildungsmethode hinaus, die sich darauf beschränkt, das Pferd nicht zu stören und selbständig arbeiten zu lassen, geht es in der dressurlichen Ausbildung darum, Einfluß auf die Bewegungen des Pferdes zu nehmen.

Dazu brauche ich den Gehorsam des Pferdes gegenüber meinen Hilfen.
Dieser aber kann nur erzielt werden, wenn man das Pferd durch Reiterhilfen durchlässig macht.
Für die Grundausbildung des Pferdes gibt es in der Klassischen-Reitweise Gesetzmäßigkeiten, gegen die ein Reiter nicht verstoßen darf, wenn er körperliche und seelische Schäden des Pferdes verhindern will.
Sie sind in den namhaften klassischen Reitlehren mit den Begriffen:

  • Durchlässigkeit
  • Losgelassenheit
  • Takt
  • Anlehnung
  • Schwung
  • Geraderichten
  • und Versammlung umschrieben.

Zu Beginn einer jeden Stunde steht das "Lösen" im Vordergrund.
Es ist schwierig, sich in der Jungpferdeausbildung nicht zu verzetteln.
Junge Pferde lernen sehr schnell, sind allzu oft bereit, alles schnell mitzumachen und die Gefahr, sie dabei zu überfordern, zu schnell vorzugehen, ist meist größer, als sie zu unterfordern.

Ich mache mir also einen ganz genauen Ausbildungsplan, was ich im ersten Jahr erreichen will und nehme mir vor, nicht darüber hinaus zu arbeiten, auch nicht, wenn es mal schneller voran gehen sollte.

Am Beginn jeder Reitstunde steht das Lösen.
Nur ein losgelassenes Pferd ist in der Lage, sich frei und ungezwungen zu bewegen. Bei jungen Pferden dauert es naturgemäß länger, bis sie zur Losgelassenheit kommen.
Die Muskeln müssen erst stark genug werden, um den Reiter bequem tragen zu können. Deshalb nehmen in den nächsten Monaten die lösenden Übungen den größten Teil der Bahnarbeit ein.

Es geht darum, Takt und Losgelassenheit zu erarbeiten und diese beiden Elemente sind über Monate hinweg die wichtigsten Ziele innerhalb jeder Reitstunde.
Das wichtigste Indiz für Losgelassenheit unter dem Reiter ist das rhythmische An- und Abspannen der Rückenmuskulatur: Denn so, wie die Hinterhand des Pferdes den "Motor" bildet, so ist der Rücken die "Bewegungszentrale" des Vierbeiners. Alles, was sich in dieser Zentrale tut, hat Auswirkungen auf den gesamten Bewegungsablauf des Pferdes.

Woran erkennt man die Losgelassenheit eines Pferdes?

Während das Merkmal des schwingenden Pferderückens sich eher subjektiv, also von oben erfühlen lässt (die dicken Muskelpakete rechts und links der Wirbelsäule bewegen sich auf jeden Fall und ob sie sich hart oder weich anfühlen kann der außen stehende Betrachter nicht sehen), geben Schweif, Gesicht und Maul auch dem Betrachter eindeutige Signale.
Was im Rücken passiert, lässt sich auch im Schweif erkennen:
Trägt das Pferd seinen Schweif frei, pendelt er mit jeder Bewegung locker und zwanglos mit.
Dreht sich dagegen der Schweif so schnell wie ein Propeller, ist dies oft ein Zeichen, dass es zu kurzzeitigen Missverständnissen zwischen Reiter und Pferd kommt.

Bei zu eilig angerittenen Pferden kann man auch häufig ein kraftloses Herunterhängen des Schweifes erkennen, der bei keiner Bewegung mitschwingt.
Ein fest zwischen den Hinterbacken geklemmter Schweif ist genauso ein deutliches Zeichen von Verspannung wie ein hoch aufgestellter Schweif.
Dies alles sind Hinweise darauf, dass die Bewegungszentrale im wahrsten Sinne des Wortes schlapp gemacht hat.
Auch Augen und Ohren des Pferdes geben eindeutige Hinweise auf seinen Gemüts- und Spannungszustand. Fast jede reiterliche Hilfe führt dazu, dass das Pferd seine Ohren leicht zur Seite, nach vorne oder kurzfristig nach hinten bewegt. Doch nicht nur der Reiter, sondern auch die Umwelt darf und soll vom Pferd wahrgenommen werden - allerdings im Idealfall, ohne dass es sich davon ablenken lässt.
Selbstverständlich, dass man sich diesen Anspruch erarbeiten muss!

Das Maul eines losgelassenen Pferdes ist zwar geschlossen, dennoch sollte es während der gesamten Reitstunde ruhig und gleichmäßig kauen, als hätte es ein Kaugummi im Maul. Durch die regelmäßigen Kauschläge des Unterkiefers wird die Ohrspeicheldrüse quasi ausgedrückt wie ein Schwamm.
Die Folge: Das Pferd produziert mehr Speichel. Die Kaumuskulatur spannt sich rhythmisch an und ab und bewegt dadurch den Unterkiefer.

Wenn das Pferd nicht mehr kaut, sondern die Zähne fest aufeinander beißt, verkrampfen sich diese Muskelstränge, die auch mit der Unterhalsmuskulatur verbunden sind.
Der Unterhals wird starr und fest, dadurch auch Kopf und Genick und letztlich auch der Rücken.
Das hat seine Ursache darin, das alles zusammen eine Art Muskelfunktionskette bildet.

Man sieht also; die Losgelassenheit zu erreichen, ist der Grundpfeiler der gesamten Ausbildung.

Ein Pferd also, das nicht kaut, nicht einspeichelt, hat immer Probleme mit der Losgelassenheit; die Muskelfunktionskette ist gestört. Auch die Arbeit an der Hand ist ein sehr wertvolles Ausbildungsmittel, um Pferden zu helfen sich im Maul zu entspanen.
Die Arbeit an der Hand macht Pferden die Seitengänge verständlich, die Biegungen und das Rückwärtsrichten. Sie dient dazu, die Pferde beweglicher zu machen und lässt die Pferde fühlen, wie sie ihren Körper bei der zukünftigen Arbeit einsetzen können.

In der ersten Zeit des freien Reitens in der Bahn lasse ich die Zügel noch möglichst lang, ohne aber die Verbindung mit dem Pferdemaul zu verlieren.
Der lange Zügel darf niemals missverstanden werden. Er soll nicht dazu führen, dass die Pferde ohne Zügel bewegt werden oder einfach herumlaufen.
Eine solche Haltung schadet der gesamten körperlichen und geistigen Entwicklung.
Überdies würde der bisherige Erfolg an der Longe verlorengehen. Der Reiter muss sich immer den großen Unterschied zwischen "langem" und "hingegebenem" (= ohne ) Zügel bewußt machen.

Zum Führen durch die abgerundeten Ecken oder zum Ausführen der allernotwendigsten Wendungen wende ich zunächst nur einseitige Zügelhilfen an: nur der innere Zügel ohne Gegenhalten des äußeren. Sobald Luna mit ihrer neuen Aufgabe vertraut ist, gehe ich an die Erziehung einer richtigen Anlehnung heran.

Wie gehe ich vor?

Im Schritt beginne ich die Stunde zunächst mit hingegebenem Zügel, sitze ruhig und warte, bis Luna ohne Eile schreitet, bis sie ihren Schweif frei und locker trägt und sich ihre Muskulatur entspannt. Bei Luna erreiche ich auf Grund ihres Temperamentes die volle Losgelassenheit nicht im Schritt.
Sie ist ein bewegungsfreudiges, recht empfindsames Pferd. Bei solchen Pferden sind die in der Ausbildung zu setzenden Schwerpunkte anders zu bemessen als bei den weniger gehlustigen, triebigeren Pferden.
Ich will dieses Selbstgehen unbedingt erhalten und weiter fortentwickeln.
So beginne ich relativ schnell mit der Trabarbeit, um Lunas Bewegungsdrang zu stillen. Ich trabe leicht; zunächst auf der linken, dann auf der rechten Hand.

Mit fortschreitendem Kennenlernen der Zügel- und Schenkelhilfen bevorzuge ich den Zirkel, um sie zu beruhigen, setze viel die Stimme ein, bemühe mich weich ihrer Bewegung zu folgen und richte meine Aufmerksamkeit nur darauf, dass sie im gleichmäßigen Rhythmus der Bewegung bleibt, also im Takt. Die Phase des Lösens dauert bei Luna ca. 20 Minuten.
Sie wird sich später verkürzen und auch andere Formen annehmen; dann wenn Luna die Seitengänge kennengelernt hat und ich sie über "Stretchen" und "Biegen" im Schritt lösen kann.
Sobald Luna losgelassen und weich ihre Zirkelrunden geht, beginnt die gerade anstehende Arbeitsphase: Ich übe ihren Gehorsam auf die Gewichts-, Schenkel und Zügelhilfen in der Bahn.
Ich reite gerade Linien abwechselnd mit großen gebogenen, wechsele häufig die Hand, immer bemüht, bei allen Richtungswechseln den Takt beizubehalten. Meine Körperhilfen sind überdeutlich in dieser Phase.

Bei Richtungswechseln führe ich zur Verdeutlichung die Hand auf der Seite in die ich abwenden will mit in die Bewegungsrichtung und achte gut darauf, dass ich meine äußere Schulter mitdrehe.
Am Anfang der Ausbildung trachten junge Pferde, dem Druck des Gebisses entgegenzustreben.
Sie werden sich entweder auf die Hand legen, gegen den Zügel gehen durch Hochnehmen des Kopfes (wobei dann das Gebiss nicht mehr richtig auf die Laden wirken kann) oder sich dem Zügelanzug durch Verkriechen hinter den Zügel entziehen. Hinter den Zügel oder gegen ihn gehen meist Pferde mit empfindlichen Maul. Bei Luna muss ich gut achtgeben, dass sie sich nicht hinter den Zügel verkriecht. Immer wieder gebe ich die Hand vor, reite vermehrt nach vorne, achte darauf, dass sich der Halswinkel nicht verengt.
Mir ist es zunächst lieber, sie leicht vor der Senkrechten zu reiten, das "Zügel-aus-der-Hand-kauen-lassen nimmt nach jeder Übung breiten Raum ein. Mit dieser Lektion prüft man die Losgelassenheit, die Dehnungsbereitschaft und den Takt des Pferdes.
Luna darf dabei nicht eiliger werden und ihre Stirn-Nasenlinie soll vor der Senkrechten bleiben (= geöffneter Halswinkel).
Im Trab geritten kann man die Zügel nach dieser Übung auch wieder aufnehmen, Takt und Rhythmus dürfen sich nicht verändern.
So kräftigt man die Oberlinie der Halsmuskulatur durch Dehnen und Anspannen ohne das Pferd zu überanstrengen.
In dieser Phase haben wir wieder ein Wachstumsproblem; Luna nimmt stärkere Anlehnung an das Gebiss. Durch ständiges weiches Abspielen mit den Fingern (ohne groß die ganze Hand zu bewegen) versuche ich die Weichheit im Maul zu behalten, sie daran zu hindern, sich auf das Gebiss zu legen.

Wie gesagt, alle solchen Momente sind normal im Ausbildungsprozess; sie tauchen auf, müssen registriert werden und man muss sie beheben bevor man in der Ausbildung weitergeht.

Ein zweiter wichtiger Ausbildungsschritt in diesem Stadium ist das seitliche Biegen. Luna soll lernen, sich um meinen inneren Schenkel zu biegen, sie soll ihre innere Seite verkürzen und die äußere der Biegung entsprechend dehnen.
Dazu eignen sich zunächst große gebogene Linien wie der Zirkel besonders gut, da wir diesen im Trab reiten können.
Der Trab ist für das junge Pferd die zunächst wichtigste Gangart.
Im Trab steht der Kopf des Pferd fest ohne Nickbewegung. Deswegen ist diese Gangart besonders dazu geeignet, sich eine sichere Anlehnung an das Gebiss zu erarbeiten, den Gang taktmäßiger und geregelter zu gestalten und das Pferd zum Gehorsam zu erziehen.

Auch das erste seitliche Übertretenlassen im Schritt, zunächst an der Hand, dann aber auch unter dem Sattel, fallen in diese Ausbildungsphase.
Luna lernt dem seitwärtstreibenden Schenkel zu weichen.
Die Vorhandwendung ist eine Vorübung für das sich anschließende Schenkelweichen und, wenn die seitwärtstreibenden Hilfen verstanden sind, für das so wichtige Schulterherein.
Diese Übungen reite ich zunächst nur im Schritt. Es geht an dieser Stelle nur darum, die Hilfen verständig zu machen. Ihren wahren Wert erhalten diese Lektionen erst im Zuge der weiteren Ausbildung, wenn sie zur Lösung im Schritt und zur Gymnastizierung im Trab geritten werden können.

Das Pferd sollte sich zunächst mit tiefem Kopf an die breite, tiefgestellte Hand herandehnen und nur kurzzeitig in Anlehnung geritten werden.
Sobald diese als unangenehm empfunden wird, sollte man Entspannungsphasen am hingegebenen Zügel einlegen.
Deutlich zu sehen, die angespannte Oberhalsmuskulatur.

Der häufige Wechsel zwischen Anspannen und Dehnen der Muskulatur formt die Oberlinie, nicht das langanhaltende Üben einer Lektion.

Luna ist wie jedes junge Pferd noch nicht in der Lage, beliebig lange mit der gewünschten Aufmerksamkeit meinen Hilfen zu folgen.
Auch ist es ihr unangenehm, längere Zeit am Zügel zu gehen.
Ich trage dem Rechnung, indem ich die Anforderungen nur langsam steigere, ihr immer wieder gestatte, den Hals lang zu machen. Die Phasen der Anlehnung betragen zunächst nur ca. 5 Minuten und werden peu a peu gesteigert.

Auch heute noch, nach 1 1/2 Jahren Ausbildung, reite ich niemals eine Sequenz durch, ohne ihr die Gelegenheit zu geben, ihre Muskulatur durch Abdehnen zu entspannen.




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