Luna läuft nun gut mit gleichmäßigem Tempo und taktrein, völlig entspannt, frei im Genick und in der Rückenmuskulatur und spielt mit dem Gebiss. Jetzt kommen die Übergänge Trab-Galopp, Galopp-Trab und Trab-Schritt hinzu.
Der Trab ist ein Zweitakt. Durch das Mitschwingen des Rückens ist der Rhythmus auf dem Zügel ebenfalls ein Zweitakt. Diese Kippbewegung merkt das Pferd am Gebiss. Die Elastizität des Rückens bewirkt also, dass sich das Pferd vor allem in den Übergängen ausbalancieren kann; mal ist auf dem rechten, mal auf dem linken Zügel mehr Kontakt.
Beim Galopp ist es ganz ähnlich: Der Dreitakt dieser Gangart wird über den Zügel auf das Gebiss übertragen.
Luna lernt im Verlauf dieser Arbeit, diese Rhythmen zu unterscheiden.
Gerade deshalb habe ich mich bei ihrer Ausbildung auch für die Longenarbeit mit Ausbindzügeln entschlossen:
Viele dieser Signale würde sie nämlich ansonsten erstmals unter mir im Sattel kennenlernen und hätte es dann doppelt schwer, weil sie ja mein Gewicht mit ausbalancieren müßte.
Am Anfang haben wir noch einige Schwierigkeiten mit dem galoppieren. Was am losen Strick schon recht gut klappt, bereitet ihr nun Schwierigkeiten. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, weil ihr ja jetzt der Galopprhythmus durch die Ausbinder vorgegeben wird. Sie darf also nicht mehr irgentwie galoppieren, sondern muß es in der richtigen Art und Weise tun. Gerade am Anfang schwingt der Rücken im Galopp noch nicht elastisch genug mit und sie verliert dadurch den so wichtigen Rhythmus. Die Übergänge zwischen den Gangarten helfen ihr aber zunehmend, sich ausbalancieren zu können und so nimmt die Geschmeidigkeit des Rückens zu. Ihr Tempo und ihren Takt hält sie jetzt zunehmend besser, wobei alle Übungen wie Zirkel verkleinern und vergrößern, Changements durch die Mitte, Übergänge in den Gangarten und Tempounterschiede innerhalb einer Gangart ihre Geschmeidigkeit sichtbar verbessern und sie ihr Gleichgewicht auch mit einer konstanten Innenbiegung in allen Gangarten findet und beibehält.
Die Reihenfolge der weiteren Arbeit ist nun die, dass mit Beibehaltung des taktmäßigen Ganges und infolge der Selbsthaltung, zunächst die Schubkraft entwickelt wird.
Diese wird ein weiteres Vortreten und einen kräftigeren Abschub der Hinterbeine und damit ein Herandehnen des ganzen Pferdes an die Longe zur Folge haben. Ist durch dieses Herandehnen die Losgelassenheit erreicht, so ist auch schon der Anfang zu einer sicheren Anlehnung an die Longe gemacht.
Nach einigen Wochen der Übung in denen Lunas Kraft aus der Hinterhand deutlich zugenommen hat, frage ich nun die Pesade, das Steigen an der Hand mit angelegten Ausbindezügeln ab. Diese verhindern ein sich Ausbalancieren können durch Vorgehen mit dem Kopf wie bei der Freiarbeit. Luna muß nun "mit Rücken" steigen. Diese Übung erfordert enorm viel Kraft in der Hinterhand und einige Monate konsequenter Gymnastizierung, bis sie in guter Manier gelingen wird. Unter dem Reiter kann sie dann nach Jahren des Trainings vielleicht einmal in der Levade enden!
Nach und nach vergrößere ich nun den Abstand bis auf die reguläre Longenlänge und bleibe an einem Punkt stehen. Luna benötigt wenig Aufmunterung durch die Peitsche, durch die vorangegangenen Übungen hat sie gelernt gut voranzugehen und sie achtet willig auf meine Signale. Ich halte nun auch die Longe in Anlehnung; sie hängt nicht mehr durch wie bei der Freien Longenarbeit. Ich ersetze meine Körpersprache zunehmend durch Signale mit der Longe und der Peitsche. Die ruhige Schweifhaltung von Luna zeigt mir, dass sie an diese ungewohnten Aufgaben nicht mit Aufregung herangeht.
Anhalten aus dem Trab, die letzten Tritte:
Die Peitsche schwingt unter der Longe nach vorne vor, die Peitschenspitze senkt sich.
Ich halte in diesem Ausbildungsstadium von Luna noch nicht abrupt an, sondern fordere ein Durchparieren von 2-3 Schritten. Dadurch werden Sehnen, Bänder und Gelenke nicht überstrapaziert und die Muskeln schonend auf die neue Übung vorbereitet. Man sieht hier recht deutlich, dass Luna trotz der Ausbinder den Kopf noch recht nehmen kann, durch die Ausbinder also keinesfalls eingeengt wird! Erst durch die fortschreitende Arbeit wird sie die Übergänge mit elastischem und mitschwingendem Rücken mit der gewünschten Beizäumung ausführen können. Die Lektion soll sie dazu befähigen, nicht die Ausbinder sollen sie in diese Haltung zwingen.
Noch reicht die Kraft nicht ganz aus, um höher zu steigen und sich länger auf der Hinterhand zu halten.
Die Hinterhand ist aber schon etwas deutlicher gewinkelt als in den Anfängen der Übung und Luna kann schon höher und gerader steigen.
Und der Ausruck von Stolz und Selbstbewußtsein bei absoluter Gelassenheit ist nicht zu übersehen. Und so sollte es auch sein:
Die Pferde sollen durch die Arbeit mutiger und schöner werden. Erst dann ist eine Dressur erfolgreich!
Im Verlauf der weiteren Arbeit rutschen die Ausbinder etwas nach oben und verkürzen sich.
Die vermehrte Begrenzung veranlaßt Luna, sich aufzurichten. Dadurch wird ihre Schulter freier und ihre Schritte gehen nicht mehr lang und flach nach vorne, sondern mit schon mehr Kadenz in die Höhe. Auf Grund der langsamen und gut aufeinander aufbauenden Arbeit, kann Luna die neue Aufgabenstellung gut bewältigen.
In diesem Ausbildungsstadium sieht man häufig die unschönen Bilder, wenn Pferde nicht gelernt haben, vertrauensvoll an die Ausbinder heranzutreten, wenn diese auf sie wie ein Schraubstock wirken und sich die Pferde mit durchgedrücktem Rücken und Davonstürmen um dem gewohnten Zwang zu entledigen suchen.
Alle Ausbildungsschritte müssen immer so langsam und effektiv aufeinander aufbauen, dass die Pferde sie mit einer inneren Ruhe und Gelassenheit und einem gutem Ausdruck absolvieren können!