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Ausbildung des Pferdes Teil I - 3

Jungpferdeausbildung: Das Training an der Longe

  1. Freiarbeit und Spazierenführen
  2. Anlongieren
  3. Training an der Longe
  4. Erste Showerfahrungen
  5. Erste Arbeiten an der Hand


Entsprechend der barocken Auffassung, dass ein Pferd an der Hand so weit wie möglich zu entspannen ist, und auch die Versammlung an der Hand vorzubereiten ist, kommt der gewichtslosen Arbeit als Mittel der Feinabstimmung nach diesem System besondere Bedeutung zu. (Zitat: R. Hinrichs)

Longenarbeit in Anlehnung, Biegearbeit, Erarbeiten von Takt und Rhythmus

Es ist nun an der Zeit, Luna an die seitlichen Ausbinder zu gewöhnen. Sie ist dazu mit einem Kappzaum gezäumt, in den ich das Trensengebiß einschnallen kann. Sie trägt einen Longiergurt aus Leder mit vielen seitlichen Ringen, an denen die Ausbindezügel in der Höhe variierbar sind.

Ich wähle diese Ausbindeart, weil sie sich schon in der freien Longenarbeit gut nach unten abstreckt, das Longieren über Cavalettis bewirkt, dass sie sich mit tiefem Hals die Stangen ansieht über die sie tritt.
Es geht also bei der weiterführenden Arbeit nicht in erster Linie darum, eine vorwärts-abwärts-Haltung zu bekommen, wohl aber darum, eine konstante Anlehnung während der gesamten Arbeit zu erhalten und durch eine Begrenzung am Maul zu erreichen, dass durch das gute Vorwärtstreten ein Abstoßen am Gebiss stattfinden kann.

Dieses, für das spätere Reiten so wichtige Abstoßen, bewirkt, dass das Pferd dem Druck des Zügels nachgibt, ihm ausweicht durch das Einnehmen der richtigen Kopfhaltung. Dann nämlich entfällt der Druck auf das Pferdemaul sofort und das Pferd läuft in guter Selbsthaltung am losen Zügel.

Um diesen Zustand zu erreichen, muss man darauf achten, dass sich die von hinten aufbauende Energie über den Rücken nach vorne zum Pferdemaul fortsetzen kann (treiben mit der Peitsche; ersetzt den späteren Reiterschenkel).
Ich habe Luna zunächst an die sehr langen und seitlich tief auf Buggelenkhöhe eingestellten Ausbinder gewöhnt.
Diese begrenzen kaum den Raumgriff nach vorne und engen den Hals nicht ein. So reagiert Luna auch mit keinerlei Aufregung, sondern nimmt völlig selbstverständlich die Begrenzung nach vorne an.

Nach und nach schnalle ich die Ausbinder nun etwas kürzer, bis sie bei der gewünschten Silhouette waagerecht verlaufen.
In dem Ausbildungsstadium, in dem sich Luna befindet, muss sie die Anlehnung mit langem Hals in die Tiefe suchen, weil sie so am leichtesten in der Lage ist, den Rücken zu wölben.
Ich achte sehr genau darauf, dass die Ausbinder auf keinen Fall zu kurz geschnallt sind und verkürze sie in kleinen Schritten, immer bedacht auf ihre Reaktion.

Ausbinder dürfen ein Pferd niemals in eine Form pressen, sondern setzen lediglich eine Begrenzung, an die sich das Pferd selber herandehnen soll.

Die Ausbinder werden zunächst lang und tief eingeschnallt; sie dürfen den Raumgriff nach vorne nicht wesentlich begrenzen und den Hals nicht einengen. Zunächst longiere ich noch auf halben Longenabstand und gehe auf einem kleinen Kreisbogen mit.
So kann ich die eventuell notwendigen vortreibenden Hilfen besser geben und durch meinen Gehrhythmus Luna zum energischen Vortreten veranlassen.
Gegenüber den vorherigen Fotos sieht man ganz deutlich die vermehrte Rundung ihrer Oberlinie; ein Ergebnis der Begrenzung durch die Ausbinder!

Diesem Punkt wird so häufig nicht genug Rechnung getragen, die Pferde werden zu schnell und zu kurz ausgebunden, sie verlieren ihre freien Gänge, ihren Arbeitseifer und die Gehlust.
Sich auf dem Gebiss lümmelnde Pferde und Pferde, die sich auf die Hand des Ausbilders legen sind die Folge. Da das Pferd erfahrungsgemäss die gleiche Anlehnung, die es sich an der Longe angewöhnt hat, auch am Zügel suchen wird, kann gar nicht genug vor falschen Einwirkungen an der Longe gewarnt werden!

Die nun im Weiteren beschriebene Art des Longierens kommt aus der Portugiesischen Reitkunst, wo von Anbeginn an darauf geachtet wird, dass die Pferde nach einer einmaligen Aufforderung möglichst alle Lektionen beim Longieren wie auch beim Reiten selbständig und alleine ausführen, solange, bis eine neue Aufforderung kommt.

Als erstes ist es als Longenführer jetzt wichtig, am Platz stehen zu bleiben und dabei die gleiche Position wie beim späteren Reiten einzunehmen:
Die Schultern werden nach hinten und nach unten genommen, die Ellenbogen liegen eng am Körper an und die Hände halten Longe und Peitsche am Bauchnabel. Die Peitsche wird wie die Zügel ganz locker gehalten, liegt mit der Spitze hinter meinem Rücken und wird durch eine Drehung aus dem Handgelenk nur dann zum Treiben nach vorne geführt, wenn Luna eine Aufforderung benötigt.
Ansonsten soll sie lernen ohne Einwirkungen ihr gutes Tempo selber zu halten.

Zu Beginn der Lektion kann Luna sich zunächst auf beiden Händen ca 5 Minuten frei bewegen. In dieser ersten Phase der Lektion soll sie sich entspannen und ich sehe an ihrem Bewegungshabitus, woran ich vermehrt bei Beginn der eigentlichen Arbeit achten muss. Luna läuft in der ihr bekannten Umgebung locker um mich herum. Mit einem Auge sieht sie mich im Zentrum des Kreises, mit dem anderen nimmt sie ihre weiteres Umfeld wahr.

Dem ist unbedingt Rechnung zu tragen, wenn die Lektion entspannend wirken soll und es ist auch aus diesem Grunde notwendig, die Hand zu wechseln.
Es gibt sozusagen eine rechte und eine linke Welt des Pferdes und alles, was auf der einen Hand schon selbstverständlich ist, ist es auf der anderen noch lange nicht!

In der zweiten Phase der Lektion, lege ich nun als erstes für eine kurze Zeit nur den äusseren Ausbindezügel an. Der Außenzügel ist in der Regel der Zügel, den die Pferde am wenigsten gerne akzeptieren. Deshalb wird er auch zunächst nur locker eingeschnallt, Luna soll sich langsam nur an den Druck im Maul gewöhnen.

Sobald sie einen guten Rhythmus gefunden hat, veranlasse ich sie durch leichte Paraden an der Longe, mit dem Kopf nach innen zu schauen. Nun strafft sich der Außenzügel und sie spürt erstmals den Druck im Maul. Diese Übung wiederhole ich auf beiden Händen solange, bis sie den Druck akzeptiert hat, erst dann folgt als dritter Schritt das Anlegen auch des inneren Ausbinders.

Die Ausbinder haben den Zweck, den Kopf in die rechte Stellung zu bringen.
Hierdurch erhält das Pferd ein besseres Gleichgewicht, kann somit auch gleichmäßiger laufen und nimmt durch das Spüren des Reizes, der von den Zügeln ausgeht einen besseren Rhythmus an. Von einigen Bucklern abgesehen, mit denen sie ihren anfänglichen Unwillen gegen die Einschränkung ihrer Freiheit kundtut, verläuft die Arbeit ruhig und unspektakulär.

Jetzt, wo beide Ausbindezügel angelegt sind, arbeite ich mit ihr zunächst noch auf halber Longenlänge. Sie ist es zwar bereits gewöhnt, auf Distanz um mich herumzulaufen und sich dirigieren zu lassen, dennoch befürchte ich, dass die Ausbinder vielleicht eine verbremsende Wirkung auf sie haben könnten.
Da der Wert der Longenarbeit aber vorrangig auf gutem Voranschreiten und Untertreten der Hinterhand basiert, will ich gleich mit Beginn des neuen Ausbildungsschrittes die richtigen Signale und Einstimmungen zur Arbeit geben.
Um den Kreisbogen auf dem sie nun laufen muss nicht zu klein werden zu lassen, gehe ich anfangs noch auf einem kleineren Kreis mit energischen raumgreifenden Schritten mit. Da Luna ja durch die freie Longenarbeit und durch unsere Spaziergänge gut auf meinen Gehrhythmus achtet, ist es ihr schnell klar, welches Tempo und welchen Rhythmus ich von ihr fordere.

Nach und nach verlängere ich die Longe, um schließlich auf ganzer Longenlänge nun wieder im Kreis stehen zu bleiben und durch meinen festen Standpunkt für sie zu einem berechenbaren Punkt zu werden, an dem sie sich orientieren kann. Ich muss wirklich sehr darauf achten, dass ich ständig in der Mitte des Kreises stehe, damit sie einen perfekten Kreis gehen kann.
Diese Position des Longenführeres ist sehr wichtig, damit sich das Pferd nach innen hin orientieren kann, in die Versammlung hinein und ich achte sehr genau darauf, dass ich mich nicht aus der Zirkelmitte heraus bewege.
Meine linke Schulter ist nun wie beim Reiten auch leicht nach vorne genommen. Luna sieht diese vortreibende Hilfe mit dem inneren Auge, genau wie sie jede meiner Bewegungen sieht und auf jedes ungleichmäßige Bewegen sofort reagieren würde. Nach 4-5 Runden auf dem Kreis laufen werden Lunas Bewegungen runder und sie beginnt gleichmäßiger zu laufen.
Dadurch bekommt sie einen guten Rhythmus und erreicht allein dadurch ein gutes Tempo! Vermehrtes Nachtreiben mit der Peitsche ist somit nicht notwendig! Für diese so notwendige gleichmäßige Fortbewegung ist es wichtig, dass sie den Rhythmus konstant hält, ihr Gewicht ist jetzt gut ausgeglichen zwischen Hüfte und Kruppe. Dazu ist es ebenfalls notwendig, dass der Kontakt mit der Longe ihr niemals weh tut; es muss stets ein angenehmer Kontakt sein.

Die Longe ist nur dazu da, um die Stellung zu korrigieren, sie darf das Pferd niemals auf dem Longenkreis halten!

Um Luna nun auf dem Longenkreis anzuhalten, trete ich aus der Kreismitte heraus, laufe wie beim Anlongieren ein Stück mit ihr mit, um dann langsam in einem Bogen auf die Kreislinie zuzugehen, bis ich vor ihrer Schulter wieder verbemsend wirke.
Die Peitsche senke ich dabei vor ihr auf dem Boden ab. Luna bleibt auch prompt auf der Kreislinie stehen, balanciert sich aus und bringt sich so wieder ins Gleichgewicht.
Beim Longieren auf dem Kreis bringt Luna durch die Paraden mit der Longe wie gewünscht den Kopf nach innen. So verkürzt sich automatisch der Innenzügel und hängt etwas durch, der Außenzügel strafft sich. Das gibt den Effekt, dass der Hals abwechselnd auf der einen und dann auf der anderen Seite verlängert wird.
Durch diese Art des Longierens strafft man die Muskeln und bekommt so mehr Gelenkigkeit im Hals. Gleichzeitig wird die laterale Flexibilität verstärkt und das Pferd blockiert sich nicht durch Festhalten der oberen Muskulatur im Hals. Die vierte Phase ist nun die eigentliche Arbeitsphase. Sie erfolgt aber erst nach einigen Tagen der Eingewöhnung. Das "Changement" der Wechsel durch den Zirkel. Ausdrucksstärker als ohne Ausbinder - und damit auch effektiver für die Gymnastizierung.

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